Was bleibt nach Katastrophen?

Veröffentlicht auf von SchliLoup

-         Ein Erdbeben hat Japan erschüttert, zahlreiche Todesopfer gefordert und nun droht sogar eventuell der Super-GAU. Ziemlich genau zur selben Zeit vor einem Jahr hinterließ ein ähnlich starkes Erdbeben in Chile eine Spur der Verwüstung. Solche Katastrophen stellen uns vor Fragen und Herausforderungen, bieten aber auch Chancen für eine Neuausrichtung. Auch wenn ein pragmatischerer Umgang mit Katastrophen zu beobachten ist, fällt es uns schwer, das geballte Leid zu begreifen und zu erfassen. Wie sollen wir damit umgehen und was bleibt Betroffenen und Nicht-Betroffenen von ehemals sicher geglaubtem Wohlstand und Bekanntschaften?

-          Den Gläubigen mag Gott bleiben, aber hinterlässt nicht jede Katastrophe die Frage, wie Gott so etwas zulassen konnte? Wie kann Gott fürsorgender Vater und allmächtig zugleich sein, wenn es so viel Leid auf Erden gibt? Die Theodizee-Frage haben sich schon viele Menschen gestellt und versucht zu beantworten. Doch definitiv richtige Antworten kann es bei einem solchen Thema nicht geben. Am plausibelsten erscheint mir der Ansatz von Kierkegaard, der meinte, dass nur ein Allmächtiges Wesen den Menschen die Freiheit schenken kann ohne ihn in dieser einzuschränken. Die Freiheit wäre somit wirklich des Menschen höchsten Guts! Doch was macht die Mehrheit der Menschen draus?

-          Einige sind nicht unabhängig oder eigenständig genug, ihre Freiheit zu genießen, zum Teil weil es einfach bequemer sein mag und auf der anderen Seite, weil sie zur Unmündigkeit erzogen wurden. Ist es zu viel Freiheit, in der wir aufwachsen und wir sind damit überfordert oder wissen wir einfach nicht mit ihr umzugehen? Ich denke, dass unsere Sozialisation, auch in Form des Bildungssystems, das Erlernen des Umgangs mit der uns geschenkten Freiheit vernachlässigt. Für diesen Punkt spricht auch das Gegenteil unmündiger Bürger. Diese sind sich ihrer Freiheit sehr wohl bewusst, ja stellen sie sich manchmal sogar als Freiheit von jeglichen Abhängigkeiten vor, missbrauchen sie jedoch oft, sind zu egoistisch und selbstsüchtig, um ihre Freiheit für etwas Gutes zu nutzen. Oft genug wird Freiheit mit der Möglichkeit zur Inkonsistenz und Sprunghaftigkeit verwechselt: Menschen leben nach dem Motto: „Geiz ist geil“, regen sich aber über Firmen auf, die Dumpinglöhne bezahlen; sie kaufen Kleidung für 5 Euro, echauffieren sich jedoch über Kinderarbeit in China; sie wollen 10% Rendite ohne jegliches Risiko und verklagen ihre Bankberater, wenn ihr Geld futsch ist; sie vertreten die Linkspartei und wohnen in Villen größer als die von Josef Ackermann. Kurz: sie predigen Wasser und trinken Wein. Den meisten fehlt es an Verantwortungsbewusstsein, Glaubwürdigkeit und dem Gespür für ein gelungenes Miteinander! Das gesunde Bewusstsein für Chancen und Risiken unserer zahlreichen Möglichkeiten ist verloren gegangen. Dies geht nicht von Politikern aus, ist aber vortrefflich an ihnen zu beobachten. Welcher Politiker ist heute noch glaubwürdig und steht für das, was er erzählt? Kurz: Wer ist noch authentisch?

-          Menschen misshandeln die Natur, doch nach einer Katastrophe wie der in Japan heißt es schnell: „Wie konnte Gott so etwas zulassen oder warum hat die Regierung nichts getan, haben die Kraftwerkbetreiber nicht mehr Sicherheitsvorkehrungen getroffen?“ Es ist einfach bequemer, sich nicht zu fragen, was man selbst falsch gemacht hat. Mit unserer Freiheit geht auch ein enormes Stück an Verantwortung einher, das damit beginnt, nicht wegzuschauen. Billiger Strom muss auch seine Nachteile haben…

-          Solche Vorkommnisse zeigen uns, was uns auf Erden nach solch Naturkatastrophen bleibt, grade wenn man vorher selbstsüchtig und rücksichtslos gelebt hat. Wir Menschen merken, dass man alleine nicht allzu weit kommt. Wenn man dies bedenkt, sollten wir uns auch Gedanken über unseren Umgang mit Menschen und MIitmenschen machen. Es ist beispiellos, wie in der Presse mit Personen umgegangen wird und wir, die Leser, Zuschauer und Adressaten dies anscheinend auch noch unterstützen! Katastrophen zeigen uns die wirklich wichtigen Dinge im Leben auf und sollten dazu genutzt werden, jenseits des Alltags über unser derzeitiges Zusammenleben und unsere Anliegen nachzudenken. Möglicherweise auch die Zeit für eine Neuausrichtung zu nutzen! Zuvor selbstsüchtigen und rücksichtslosen Menschen bleibt nach einer solchen Katastrophe sicherlich nicht viel, schließlich kommt das Wasser nicht primär aus dem Wasserhahn, der Strom nicht aus der Steckdose, die Mahlzeiten wachsen nicht bei McDonalds und die Sozialhilfe kommt nicht von den Sozialämtern. Leblose und geheuchelte „Freundschaften“ erweisen sich ebenso als nicht verlässlich. Alleine ist man nach einer Katastrophe ziemlich verloren. Zum Glück sind wir Menschen auch der Empathie, Solidarität und Selbstlosigkeit fähig, ganz nach dem Spruch: „Wer einen Menschen rettet, rettet die Menschheit.“ In Zeiten des scheinbar autarken, autonomen und unabhängigen Individuums müssen wir seine Einbettung in die Gemeinschaft wieder stärker betonen und die Genialität des funktionierenden Systems schätzen lernen! Wir müssen Respekt für jedermanns Aufgabe in unserem System von einzelnen Zahnrädern wahrnehmen und ihm seine Anerkennung auch zukommen lassen. Anerkennung wird zurzeit oft fälschlicherweise mit der Summe an Geld, die man verdient oder besitzt, gleichgesetzt. Der Wert der jeweiligen Aufgabe für die Gesellschaft bleibt bei der Betrachtung leider viel zu oft außen vor. Bestes Beispiel dafür ist die Hausfrau und Mutter: Wann außer am Muttertag wird in unserer Gesellschaft die Anerkennung deutlich geäußert, welch komplexe, verantwortungsvolle und abwechslungsreiche Aufgabe unsere Mütter ausüben. Von manch einer „Familienmanagerin“ könnte sich der ein oder andere Vorstand oder Politiker eine Scheibe abschneiden. Bei der momentanen Missachtung der Mutterrolle jedoch ist es verständlich, dass sich unsere Frauen eher für die Karriere entscheiden. Die Vernachlässigung der Vaterrolle in unserer Gesellschaft ist hier noch ganz außen vorgelassen.

-          Was also auf jeden Fall bleibt, sind die eigenen Fähigkeiten, die Familie und die Freunde. Auf diese ist wirklich Verlass. Wir sollten uns auf die Stirn schreiben, dass wir diese 3 Bestandteile unserer Sozialisation nicht vernachlässigen. Wir sollten lernen, nicht alles für selbstverständlich zu halten, auch wenn vieles selbstverständlich geworden ist. Wir sollten lernen, das zu meinen, was wir sagen und das zu leben, was wir predigen. Dies ist keine leichte Übung, aber die Mühe lohnt sich. Wir sollten sehen, welche Missstände uns jede Katastrophe bei kurzer Reflektion aufzeigt und was für Schlussfolgerungen wir daraus ziehen können.

-          Jede Katastrophe zeigt uns auch, wie wichtig internationaler Austausch ist. Schließlich leistet man eher Hilfe, wenn man in diesem Fall eine/n Japaner/in kennt oder vielleicht einen Freund hat, der eine/n kennt. Darin liegt auch eine Stärke der Globalisierung: Die weltweite Vernetzung fördert den Austausch unter den verschiedenen Erdbewohnern. Früher war man in solchen Krisen vorrangig auf sich selbst und die unmittelbaren Nachbarn gestellt. Heute ist die Weltgemeinschaft schnell geschlossen zur Hilfe bereit. Diktatoren und Herrscher, die ihr Volk von der Weltgemeinschaft abschotten oder sich der Zusammenarbeit mit dieser verweigern, bringen Ihr Volk eventuell um diese Möglichkeit, schränken Ihren Umfang aber mit Sicherheit ein!

-          Zusammen sind wir also stärker und können einiges bewegen. Glück ist schließlich das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt. Und auch Hilfe tut nicht nur der einen Seite gut. In dem Sinne sollten wir unser Augenmerk verstärkt auf die Kraft der Gemeinsamkeit lenken; lokal, national und international!

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